Sagenwanderung im "Muggendorfer Gebürg"
AUSGANGSPUNKT: Kleiner Wanderparkplatz zwischen Engelhardsberg (Nähe Muggendorf) und dem Dörfchen Wölm (Parkplatz rechter Hand). Alternativ kann man die Wanderung auch vom Bahnhof Gößweinstein der Museumsbahn starten (fährt ab Forchheim, verkehrt aber nur Sonntags - aber auch Busse bedienen die Strecke).
DAUER: Gehzeit ca. drei Stunden.
Das "Muggendorfer Gebirg" hat bereits die ersten Romantiker begeistert. Nachdem Ludwig Tieck und
Wilhelm Heinrich Wackenroder im Jahre 1793 hier gewandert sind, wurde die Fränkische Schweiz (die damals noch nicht diesen Namen trug) Inbegriff von romantischer Naturlandschaft. Wenig später hat Jean Paul ausgerufen: "Hier läuft der Weg von einem Paradies durchs andere!"
Direkt gegenüber vom Parkplatz liegt die gotische Kirchenruine "Zum heiligen Bühl"
1) Bei der Ruine handelt es sich um die Reste eines Wallfahrtskirchleins, die dem Heiligen Bartholomäus geweiht war. In ihrem Inneren soll jahrhundertelang eine Kalksteinplatte zwischen den Trümmern gelegen haben, die von fünf eingemeißelten Kreuzen geziert war. Verfallene Gebäude wurden in der Vergangenheit oft als Steinbruch benutzt, die alten Steine fanden in neu erbauten Häusern als sogenannte Spolien eine zweite Verwendung. Diese Sitte machte offensichtlich selbst vor Kirchen nicht halt.
Ein Maurer aus dem nahen Dörfchen Wölm transportierte die altehrwürdige Platte gedankenlos fort und baute sie zuhause in seinem Herd ein. Doch zu seinem Erstaunen klaffte am nächsten Morgen in seinem Herd ein Loch, die Platte war verschwunden. Sie fand sich an ihrem alten Platz in der Ruine wieder. Aus Scheu wagte niemand mehr, die gruselige Platte auch nur anzurühren. Mittlerweile ist sie indes wieder verschwunden, und niemand weiß, wo sie abgeblieben.
Wir gehen ein Stück die Straße zurück nach Engelhardsberg. Unmittelbar vor dem Ortseingang zweigt links der Weg mit dem gelben Kreis ab, dem wir folgen. Wenig später zweigt dieser Weg wiederum nach links ab. Wir gelangen an den Adlerstein, von dem man eine schöne Aussicht hat. Viktor von Scheffel hat sich bemüßigt gefühlt, darüber ein Gedicht von zweifelhaftem künstlerischen Wert zu verfassen:
"Zum schwindelhohen Adlerstein
Versuch ich früh ein Klettern.
Schau rundum ins Gebirg hinein
Und laß die Laute schmettern.
Frühnebel spielt, vom Wind gefacht
Um Felsen grobgestaltig.
Hochland, wilde Hochlandpracht!
Oh Wälder, grün und waldig!"
Nach diesen landschaftlichen und poetischen Genüssen setzen wir den Weg fort und erreichen das nahe Quackenschloß, eine Höhle in wilder Felslandschaft.
2) Vor vielen hundert Jahren war die Gegend noch dichter, schier endloser Urwald. Zu dieser Zeit verfolgte ein Weidmann die Spur eines edlen Wildes. Immer tiefer drang er in das unbekannte Dickicht ein, der Weg führte über nie geschaute Schluchten und schwindelnd hohe Felszinnen. Die Spur des Wildes hatte der Jäger längst verloren, als er nur noch verzweifelt versuchte, den Rückweg zu finden, durch diesen Versuch aber bloß noch tiefer in die unbekannten Wälder hineinirrte.
Doch dann erkannte er durch das Blattwerk eine Lichtung. Hoffnungsvoll schlug er sich zu ihr durch, und zu seinem größten Erstaunen stand vor ihm eine mächtige, altersgraue Burg mit riesenhaftem Turm, steilen Giebeln und weitausladendem Söller. Die Zugbrücke senkte sich plötzlich mit so lautem Quietschen und Krachen nach unten, als sei sie seit endlosen Zeiten nicht mehr geöffnet worden. Gnomenhafte Diener winkten den Jägersmann herein. Zunächst zaudernd wagte er sich ins Innere. Durch dunkle Korridore führte man ihn in einen hohen, prächtigen Saal. Die Wände waren von feinen, gold und silbern schimmernden Mosaiken verziert, die Decke stützten filigrane Säulen. Am Ende des Saales, hinter einem schweren Eichentisch, saß ein alter Mann, der sein Haupt traurig auf die rechte Hand stützte. Es war der Burgherr. Er lud den Jäger freundlich ein, sein Gast zu sein. Der Jäger konnte eine Rast und eine Speisung gut gebrauchen und willigte ein. Sogleich wurden dem Mann erlesenste Köstlichkeiten aufgetragen. Nach dem Mahl verbrachten der Burgherr und der Jäger den Abend mit dunklem, köstlichen roten Wein. Der Saal war nur von einigen Fackeln schwach illuminiert. Das Feuer knisterte im Ofen. Der Burgherr war wenig redselig, aber von warmem, einnehmendem Wesen. Der Jägersmann fühlte sich sehr wohl hier und hatte den anfänglichen Schauder vor dem dunklen Gemäuer ganz vergessen. Spät am Abend wurde ihm das Nachtlager gerichtet. Er wurde in ein behagliches Gemach von dezentem Luxus geführt. In einem herrlichen Himmelbett verbrachte er eine sehr erholsame Nacht, die er sehr nötig hatte. So ging es lange Zeit. Der Burgherr und der Jäger freundeten sich beinahe an, Tag für Tag wurde dieser wie ein König bewirtet und er wurde eingeladen, so lange zu bleiben, wie er nur wolle.
Doch nach längerer Zeit begann der Jäger doch Heimweh zu empfinden, zu seiner Liebsten, zu seinen Anverwandten, zu seiner wesentlich weniger luxuriösen, aber doch ansehnlichen kleinen Burg.
Seinen festen Entschlug trug er dem einsamen Burgherrn vor. Dieser erbebte und stöhnte auf: "O Unseliger, nur fünf Tage noch hättest du hier verharren müssen, und mir wäre Erlösung zuteil geworden! Nun muß ich weitere Jahrhunderte warten, bis eines Menschen Fuß dieses Schloß wird wieder betreten können! Wird der mir Erlösung bringen?" Doch er ließ ihn mit traurigem, bitterem Blick gewähren.
Der erschütterte Jäger wurde von den kleinen Zwergendienern ins Freie begleitet. Draußen war es finsterste Nacht, und nachdem sich die Zugbrücke geschlossen hatte, erfüllte schwerer Donner die Luft und gleisende Blitze schossen vom Himmel. Als der Jäger sich umblickte, sah er hinter sich nur ein schreckliches Felslabyrinth. Wo kurz zuvor noch das Burgtor war, gähnte eine tiefe Höhle im Berg. So präsentiert sich das Quackenschloß noch heute und wartet auf den rechten Erlöser zur rechten Zeit.
Den gelben Kreis folgend führt der Weg den Berg hinab. Nach einiger Zeit steht links ein Baumstumpf, der nach Art eines Stuhles ausgesägt ist. Darauf zu verweilen dürfte eher unbequem sein, aber er ist ein wichtiger Hinweis, daß wir kurz darauf links abzweigen müssen, den grünen Querstrich folgend.
Wir erreichen das Wiesenttal und überqueren den Fluß am nahen Steg und dann die eingleisige Bahnstrecke. Dann folgen wir dem Weg nach links und wandern bis zum Bahnhof Gößweinstein das Wiesenttal entlang.
3) An den Ufern der Wiesent öffnen sich mehrere Quellen, die Untergrundwasser aus dem Juragestein dem Fluß zuführen. Die Überlieferung erzählt von Quellnixen, die sich gern an den Ufern der Wiesent die Sonne auf den schillernden Leib scheinen ließen. Auch an warmen Sommertagen stiegen sie aus den Wassern, sangen und tanzten zwischen Fels und Gebüsch ihren Reigen. Ein junger Knabe aus der Burg Gaillenreuth lauerte den zauberhaften Wesen auf, beobachtete sie fasziniert und wollte eine von ihnen berühren, obwohl er wußte, daß dies ein großer Frevel gegen die Gesetze der göttlichen Ordnung war. Doch die Nixe entglitt schnell in ihr heimisches Element und verfluchte den Frevler. Dieser muß nun als grauer Schmetterling oben im Gefels sein Dasein fristen und hofft vergeblich auf Erlösung.
Eine andere Sage berichtet von der Mühle Baumfurth, die zugunsten des Haltepunktes Burggaillenreuth vor knapp hundert Jahren abgerissen wurde: Ein alter Mann erzählte, daß er in seiner Jugend einmal nachts mit Freunden an dieser Mühle vorbeigegangen sei. Als sie zum Himmel blickten, nahmen sie einen feurigen Schein war. Sie sahen eine nackte Frauengestalt, die auf einem Besen ritt. Folglich handelte es sich um eine Hexe. Ein Freund von ihm schrie hinauf: "Die Sau möcht' ich gar zu gern für mich runterziehen!" Aber dann überfiel ihn größte Angst, und er rief weiter: "Aber ich laß sie lieber doch dahin fliegen, wohin sie will." Alsbald war die Erscheinung verschwunden.
Am Bahnhof Gößweinstein überqueren wir wieder den Fluß. Vorher müssen wir allerdings über die Bahnlinie, dies geschieht entweder querfeldein; wem das zu unkommod ist, muß etwa 200 Meter Richtung Behringsmühle laufen und dann die Fahrstraße zurück, die ebenfalls zur Brücke führt.
Jenseits der Wiesent führt ein Pfad nach Moritz hinauf (rotes Dreieck auf weißem Grund). Dies ist die etwas anstrengende Passage des Wegs. Entlohnt wird der Wanderer mit dem "Geisloch" zur Linken, mit dem sich eine gruselige Sage verbindet.
4) Im sogenannten Geisloch hausten vor langer Zeit zwei Brüder. Diese waren Räuber und Wegelagerer. Aus wohlvorbereiteten Verstecken überfielen sie Reisende durch das Wiesenttal. Größere Handelszüge ließen sie unbehelligt, doch einzelne Reisende wurden regelmäßig ihre Opfer. Falls diese sich zu wehren versuchten oder wenn die Brüder gerade Lust zu einer Bluttat hatten, töteten sie die Überfallenen, denn ein Menschenleben galt ihnen so gut wie nichts.
Eines Tages ermordeten sie einen besonders reichen Kaufmann. Über die außerordentlich kostbare Beute gerieten die Brüder indes in Streit. Obwohl das nicht selten vorkam, zankten sie sich so sehr, daß sie beide zur gleichen Zeit ein Messer zückten und es in des andern Bruders Brust stachen.
Erst viele Monate später wurden ihre verwesten Körper zufällig in dem Loch entdeckt, zusammen mit all den schillerden Kostbarkeiten. Seitdem spukt es aber in der Höhle. Einsame Wanderer wollen in abendlichen Stunden jammervolles Stöhnen und Lichtschein aus der Höhle beobachtet haben. Es wird vermutet, daß es sich um die Geister der beiden Brüder handelt, die niemals Ruhe finden können.
In Moritz befindet sich ein idyllischer Campingplatz. Dort müssen wir links abzweigen und dem roten Senkrechtstrich folgen. Der Weg führt durch den Campingplatz und dann an sehr sehenwerten Felsformationen vorbei. Nach etwa 20 Minuten führt der rote Strich auf einen asphaltierten Weg. Hier folgen wir der Markierung nicht länger, sondern ebendiesem Weg, der uns nach etwa 200 Metern auf die Straße führt. Dort zweigen wir nach links ab und sehen bereits den Parkplatz, von dem aus wir gestartet sind.